Es läuft nicht immer so wie es geplant wird. Der angebliche Ganzjahrescampingplatz in Lazise am südlichen Ende des Lago di Garda ist Mitte Januar wegen Urlaubs geschlossen und wir übernachten kurzerhand mit dem Wohnmobil vor dessen Haustür. Uns ganz egal, wir sind autark.
Die Wettervorhersage im weltweiten Netz prophezeite uns schon während der Woche Sonnenschein und mindestens 14°C und die waren es auch als wir kurz vor Mittag im Lazise eintrafen.
Schnell die Mopeds vom Hänger, rein in die Klamotten und los geht's. Eine einfach Gardaseeumrundung am Nachmittag sollte es heute noch sein. Im Sommer absolut undenkbar, jetzt am 18. Januar ein wahrer Genuss!
Keine Autoschlangen, keine Abgaswolken und Menschenmassen, sondern nur Fahrvergnügen rund um den See. Kurz ein Abstecher zur Talstation der Gondelbahn am Monte Baldo. Die Auffahrt wird durch tolle Ausblicke auf den See und die umliegende Bergwelt belohnt. Wir können uns nicht sattsehen und fühlen uns wie Gott in Frankreich! Den Einzylindern der KTM und der Honda macht es anscheinend auch Spass, bei diesen frühlingshaften Temperaturen die ersten Kilometer des Jahres 2008 abzuspulen.
Die Suche nach einem geöffneten Cafe gestaltet sich aber dann doch schwierig und so fahren wir bis Riva um endlich im Freien in der Sonne sitzen zu können und uns der italienischen Lebensart des Dolce farniente hingeben zu können.
Wir freuen uns wie die Scheekönige über das perfekte Motorradwetter und düsen weiter an der Westseite entlang. Nach 220 Km ist der erste Tag auch schon rum.
Ein wenig benommen, eines der Biere des letzten Abends war wohl schlecht, steigen wir am Samstag morgen auf die Mopeds und brausen wieder gen Riva. Heute geht's schon besser und wir surfen richtig durch die Kurven. Kurz nach Riva geht's eine Höhenstrasse hinauf, die sich perfekt am Westufer des Sees entlang schlängelt. Ganz ruhig und mit einer Oberfläche wie aus Samt liegt der See unter uns und die Ruhe die um diese Jahreszeit hier herrscht ist die Anreise wert.
Vom Garda- fahren wir zum Idrosee und auf der Passhöhe in fast 1000 Metern Höhe liegt Schnee. Die Menschen, im Sommer von den Touristenmassen meist genervt und oft unfreundlich, begegnen uns sehr zuvorkommend. Deutsche Motorradfahrer im Winter gibt es nicht jeden Tag und wir kommen desöfteren ins Gespräch.
An der Abzweigung Richtung Tremalzo-Passtrasse denken wir flüchtig über einen Versuch nach, die Auffahrt zu wagen. Der Schnee neben der Strasse ist aber nicht gerade einladend und wir nehmen uns fest vor, noch im Frühjahr die Strecke zu fahren. Mal sehen was daraus wird.
Kurz vor Sonnenuntergang flanieren wir mit den Italienern und deren meist schönen Frauen an der Uferpromenade in Lazise entlang. Wir fangen schon mal mit einem guten Moretti (für nicht Biertrinker sei gesagt, dies ist eines der wenigen geniessbaren italienischen Biere) in einer der wenigen geöffneten Kneipen an. Danach geht's zurück zum geschlossenen Campingplatz. Auch an diesem Abend müssen die mitgebrachten Biere getrunken und Geschichten von vergangenen Touren erzählt werden. Richtig zünftig wird es erst, wenn dann auch noch die mitgebrachte Blockflöte zum Einsatz kommt.
Der nächste Morgen bringt Nebel. Wie eine zähe graue Masse liegt er über dem Land und wir beschliessen, es in den Bergen zu versuchen. Das Glück der Tüchtigen ist auf unserer Seite und auf 700 m Höhe fahren wir aus der weißen Wand hinaus und direkt in den Sonnenschein hinein. Kurve um Kurve tut sich vor uns auf und in den Tälern und der Poebene südlich von Verona liegt der Nebel wie ein Teppich. Auf 1200 m Höhe hat es 16°C und wir ringen mit den Italienern um die freien Plätze in den spärlich geöffneten Strassencafes und in den überfüllten Restaurants.
Traumhaft schön ist die Landschaft und wir können gar nicht genug bekommen von Sonne Luft und Schräglagen. 250 Km schaffen wir bis am späten Nachmittag. Der Nebel im Tal nimmt uns wieder in Empfang und wir verladen die Mopeds.
Drei wunderschöne Tage und fast 700 km Mopedfahren liegen hinter uns.
Unsere Akkus sind aufgeladen und die Zeit bis man bei uns wieder richtig Motorradfahren kann kommt uns nicht mehr so lang vor.
Gardasee im Winter, wir kommen wieder.
Die Strecke:
Lazise-Garda-Costermano-Castion Veronese-S.Zeno di Montagna-Prada-Senaga-Castelletto di Benaco-Riva-Salo-Desenzano-Lazise
Lazise-Riva-Limone su Garda-Vesio-Piovere-Gargnano-Lago di Idro-Storo-Lago di Ledro-Riva-Lazise
Lazise-S.Pietro in Cariano-Negrar-Fosse-BoscoChiesanuova-Rovere Veronese-Velo Veronese-Bernardi-Saint Andrea-Vestenanova-zurück nach Fosse-Peri-Lazise
Jürgen Groll, www.motorrad-reisen-online.de